Der in Tibet genannte Chenrezig ist der wohl am häufigsten repräsentierte und dargestellte Buddha(aspekt); man kennt ihn andernorts in Asien auch unter dem Namen Avalokiteshvara und ist einer der bekanntesten und weit verbreitetsten Buddha-Figuren überhaupt.
Man kann seine Qualitäten des liebevollen Mitgefühls, der Liebe und des Schutzes wohl am ehesten mit der christlichen Tugend der Nächstenliebe vergleichen.
Chenrezig Praxis
Hier folgt nun eine einfache und effektive Praxisübung, die keiner besonderen Einweihung bedarf und ich hier gerne vorstellen möchte. Die abgebildete Figur oben ist Chenrezig oder auch Avalokiteshvara genannt, der Bodhisattva – also ein Weisheitswesen – des universellen Mitgefühls und der Liebe. Im Gegensatz zu einer weltlichen Gottheit, die als externe Macht angesehen wird, sind die buddhistischen Figuren Energie-Aspekte des eigenen Bewusstseins, die man durch deren Anrufung (eigentlich Hervorbringung) und Praxis in sich und der Welt fördern und kultivieren möchte.
Die Silben des Mantras von Chenrezig haben die Kraft und Wirkung die sechs Daseinsbereiche zu durchdringen und die Wesen zu befreien und Leid zu lindern. Sammle zumindest 700.000 Wiederholungen dieses Mantras an um eine gute Verbindung zu Chenrezig zu erhalten und die Qualität des unermesslichen Mitgefühls in Dir zu stärken.
- OM: befreit vom Leid der Götterbereiche – Stolz, Ego, Hochmut (kommt vor dem Fall)
- MA: befreit vom Leid der Asura (Halbgötterbereiche) – Eifersucht, Neid, Streit, Kampf, Krieg
- NI: befreit vom Leid der menschlichen Lebensbereiche – Begierde
- PAD: befreit vom Leid der Tierbereiche – Unwissenheit, Dumpfheit, Stumpfheit, Verblendung, Blindheit, Unverständnis
- ME: befreit vom Leid der Bereiche der Preta (Hungergeister) – Gier, Habgier, nicht genug haben
- HUM: befreit vom Leid der Höllenbereiche – Hass, Aggression, Leid, Qual
Anwendungsmöglichkeiten und Widmung:
Man kann das Mantra mit oder ohne Visualisation praktizieren auch beispielsweise während man in der U-Bahn sitz, während man einkaufen geht, während man im Restaurant sitzt, während man Kaffee trinkt oder im Park sitzt oder mit jemandem spricht usw…
Außerdem kann man auch das, was man sieht, hört, riecht, schmeckt, bzw. konsumiert auch noch zusätzlich widmen und zwar allen Buddhas und allen Wesen: Mögen sie auch so viel und so Gutes erhalten wie man selbst.
Diese Mantra-Praxis eignet sich auch ausgezeichnet für Verstrobene. Man rezitiert das Mantra und konzentriert sich auf die Erlösung des betreffenden Wesens.
Man widme bei alltäglichen Tätigkeiten sein Glück, das man wahrnimmt, allen Buddhas und überhaupt allen Wesen, auf dass man es nicht nur für sich selbst behält, sondern es somit verbreitet und vermehrt zum Wohle aller Wesen im gesamten Raum. Weitere Beispiele:
- Wenn Du etwas Gutes isst widme
- Wenn Du im Supermarkt einkaufen gehst widme all die schönen Produkte und den Überfluss
- Wenn Du auf einer Hochzeit oder einer anderen Feierlichkeit beiwohnst und Glück anderer wahrnimmst, widme
- Wenn Deine Sinnesorgane Glückseligkeit wahrnehmen, widme
- Wenn Du bewusst bist beim Waschen Deines Körpers oder Zeit hast es Dir gerade richtig gut gehen zu lassen, widme
- Wenn Du Tiere fütterst, bete, dass sich diese Freude und Sättigung auf alle fühlenden Wesen übertragen möge und widme
- Wenn Du gerade am Klo sitzt, bete, dass diverse Wesen sich köstlich über Deine Ausscheidungen erfreuen und amüsieren, und widme
- Wenn Du jemanden liebst, bete dass es diesem Wesen stets gut gehen möge und widme
- Wenn Du mit jemandem nicht d’accord bist oder jemanden sogar hasst, bete, dass es diesem Wesen stets gut gehen möge und widme
- Wenn Du Schmerzen hast und leidest, widme auf, dass alle Wesen erlöst sein mögen von ihrem Leid
Durch das Widmen wird Verdienst nicht nur bei einem selbst behalten, sondern wird wie ein Tropfen (der alleine rasch verdunsten würde) zurück ins Meer gegeben.
FAZIT: Das persönliche Glück resultiert aus dem Wunsch andere Wesen glücklich zu sehen/machen (ohne dabei auf sich selbst zu vergessen).
HINWEIS ZUM BUDDHISMUS:
Was hier auf dieser Seite erklärt wird, ist eigentlich nicht der Kern des Buddhismus, sondern aber eine sehr wichtige Praxis davon. Das hier ist eigentlich Teil vieler Religionen, nämlich dem Kultivieren von Liebe und Mitgefühl. Es ist eine von vielen Methoden. Was den Buddhismus jedoch unterscheidet von anderen Religionen ist
1.) Es werden alle Lebewesen inkludiert in diesem Mitgefühl, nicht nur Menschen (siehe oben, die sechs Daseinsbereiche); und
2.) die Erkenntnis von der Leerheit der Phänomene und Erscheinungen; das bedeutet die Dinge sind leer von inhärenter Eigenexistenz; nichts besteht aus sich selbst heraus sondern alle Phänomene erscheinen aufgrund von Ursachen und Bedingungen und vorallem in Beziehungen zueinander.
So schwer und nicht festzunageln könne man ein kleines praktisches Beispiel nennen, dass Dinge eben keine Eigenexistenz besitzen sondern eben nur in Bezug zueinander bestehen: Würde man jemandem auf der Straße ein Glas Wasser oder einen Kilo Gold anbieten, würde die Person das Gold wählen. Würde man dieses Angebot einem Verdurstenden in der Wüste machen, würde diese Person ziemlich bestimmt das Glas Wasser annehmen.
Wertvolle Texte:
Hier folgen noch zwei weitere wervolle Praxistexte bzw. Gebete, die von meinem spirituellen Freund Ngak’chang Rangdrol Dorje (1964-2021) übersetzt und zusammengestellt wurden, ins Peja-Format. Es ist das traditionelle tibetische Papierformat. Wenn Sie dies ausdrucken wollen, dann in den Druckeinstellungen „an der langen Kante spiegeln“ angeben und los geht’s! Falls Sie Fragen zu dem Text haben, einfach nachfragen, per Mail oder Telefon. Viel Spaß und Erfolg damit! Möge Ihre Praxiserfahrung und positives Karma anwachsen!
Meditationspraxis aus dem Vajrayana Buddhismus: Eine Mantra- und Visualisations-Praxis.
Meditation (tibetisch: Gom) bezeichnet eine Tätigkeit des Kultivierens und des Gewöhnens.
Möge alles glückverheißend sein!